Tecindustry Magazin Vom Junior zum Chef

Vom Junior zum Chef

«Unterschwellig hat es sich schon länger angebahnt. Den bewussten Entscheid, die Geschäftsführung unseres Unternehmens zu übernehmen, habe ich dann während des Studiums getroffen. Natürlich ist Respekt vor der grossen Verantwortung vorhanden, doch ich wurde sehr gut auf die neuen Aufgaben vorbereitet.

Ich habe meinen Vater als authentische und entscheidungsstarke Persönlichkeit wahrgenommen. Ein Patron, wie er im Buche steht. Er konnte sich irgendwann natürlich auf seinen reichen Erfahrungsschatz verlassen und ich bin noch dabei, mir einen solchen aufzubauen. Es ist aus meiner Sicht ein Gewinn, ein solches Vorbild zu haben und in seinen Fussstapfen die ersten Meter zurücklegen zu können. Daher habe ich auch ganz bewusst in meinem ersten Jahr als Geschäftsführer organisatorisch und prozessmässig nicht allzu viel verändert. Erst danach begann ich, etwas weiter vom Pfad abzuweichen und meinen eigenen Weg einzuschlagen.

Ich möchte unseren Betrieb zu einem internationalen zu einem globalen Unternehmen weiterentwickeln. Wir sind heute immer noch stark auf den Standort Frutigen fokussiert, obwohl wir als international aufgestellte Unternehmensgruppe überall auf der Welt Kompetenzen haben. Diese will ich stärker einbinden und die Synergien besser nutzen. Wichtig ist mir auch, Zeit für ausgewählte Projekte zu finden, mit denen wir das Unternehmen voranbringen.  Wie zum Beispiel kürzlich beim Erweiterungsbau in Frutigen oder den Aktivitäten in Rahmen unseres 75-Jahr-Jubiläums. Und es ist mir ein Anliegen, das Unternehmen dereinst als moderner, gut aufgestellter Betrieb an die nächste Generation übergeben zu können.

CEO Wandfluh AG

Name: Wandfluh
Vorname: Matthias
Wohnort: Frutigen/Bern
Jahrgang: 1987
Ausbildung: Studium Maschinenbau ETH Zürich
Freizeit: Familie, Reisen, Skifahren

Damit der Generationenwechsel gelingt, braucht es eine gute Vorbereitung. Nebst der Ausbildung spielen mentale Aspekte eine wichtige Rolle. Die neue Generation muss das Wissen und die Fähigkeiten mitbringen, um der Aufgabe selbständig gewachsen zu sein. Das ist auch ganz entscheidend für die Mitarbeitenden; diese müssen spüren, dass sie weiterhin in guten Händen sind. Die bisherige Generation wiederum muss der nachfolgenden ihren eigenen Weg zugestehen, auch wenn er Fehler beinhaltet. Wir haben uns früh vorgenommen, einen klaren Schnitt zu machen. Mein Vater steht gerne zur Verfügung, wenn ich mich zu Themen oder Projekten austauschen möchte. Aber das ist eine Holschuld meinerseits, von sich aus kommentiert er nichts. Für mich hätte der Prozess nicht besser laufen können.

An meiner Aufgabe heute fasziniert mich die Tatsache, selber entscheiden und gestalten zu können. Und das in der spannenden Welt der Technik, die ich als Kind schon früh entdecken konnte. Mein Vater hat mich als kleiner Junge regelmässig ins Unternehmen mitgenommen, wo ich die Werkzeugmaschinen und Roboter bestaunen habe. Damals wäre ich allerdings am liebsten Gabelstapler-Fahrer geworden.»

Nächste Generation

Nach Abschluss der Promotion an der ETH Zürich, Auslandserfahrung in den USA und einer Einführungszeit im Betrieb hat Matthias Wandfluh 2017 im Alter von 29 Jahren die operative Leitung der Wandfluh AG übernommen.

Das Unternehmen wurde 1946 von seinem Grossvater Ruedi Wandfluh gegründet und war zunächst eine kleine mechanische Werkstätte mit zwei Mitarbeitenden. Nach dem unerwarteten Tod des Firmengründers 1954 leitete seine Witwe, Gertrud Wandfluh, die Geschicke des Unternehmens. Unter ihrer Regie stellte das Unternehmen auf Hydraulik um. 1983 übernahm ihr Sohn Hansruedi Wandfluh die Geschäftsführung und baute das Unternehmen international aus. Die Wandfluh AG ist heute weltweit führend im Bereich von Hydraulikventilen und zugehöriger Elektronik.

Tipp für den Wechsel

  1. Keine Angst vor Offenheit: Wichtig ist eine konfliktfähige und ehrliche Kommunikation.
  2. Bewusster Prozess: Es geht auch um psychologische Aspekte in der Familie und ums Loslassen. Das muss allen klar sein.
  3. Zeit: Der Aufbau des Nachfolgers und seine sorgfältige Einführung in das Unternehmen gehen nicht von heute auf morgen.
  4. Klarheit: Klare Regelungen zu Kompetenzen und Verantwortlichkeiten schaffen.

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Letzte Aktualisierung: 30.04.2022