Swissmem_Celsius_e_Swing-120.jpg

Der Traum vom emissionsfreien Fliegen

Tecindustry Themen Klima & Umwelt Der Traum vom emissionsfreien Fliegen

Maurice, Markus und Leandro verbindet neben ihrer Faszination für Technik eine grosse Leidenschaft: das Fliegen. Alle drei studieren Maschinenbau an der ETH Zürich und träumen davon, eines Tages emissionsfrei in die Lüfte abzuheben. Um diesem Ziel ein Stück näher zu kommen, engagieren sie sich in einem Fokusprojekt, welches alternative Antriebsmethoden zum fossilen Kerosin in der Luftfahrt erforscht.

Text: Alena Sibrava, Swissmem

Das Projekt startete im Jahr 2019, als sich der Pilot Carlo Schmid an die ETH wandte und um Unterstützung für seine Idee zur Umsetzung eines emissionsfreien Flugzeugs bat. Aus der Idee wurde schliesslich ein Projekt, für das sich Studierende im letzten Bachelorjahr bewerben können.      

Maurice Kaulich ist seit der Geburtsstunde des Projekts dabei. Er hat am Bau des ersten vierplätzigen Elektroflugzeugs mit dem Namen «e-Sling» mitgearbeitet und hält heute als Präsident des Vereins CELLSIUS auch beim Nachfolgeprojekt «CELLSIUS Project H2», dem Bau eines wasserstoffbetriebenen Kleinflugzeugs, die Fäden in der Hand. «Mit dem erfolgreichen Erstflug der e-Sling haben wir bewiesen, dass Elektromobilität in der Luftfahrt für ein vierplätziges Kleinflugzeug möglich ist. Aber wir sind noch lange nicht am Ziel», sagt Maurice. Ihre Vision ist es, eines Tages die verschiedenen emissionsfreien Antriebsarten wie Batterie, Wasserstoff oder Hybrid miteinander vergleichen zu können, um Aussagen darüber treffen zu können, welche Technologien wann geeignet sind. Dazu wollen sie Kompetenzen in allen Bereichen aufbauen. Das Ziel sei es nicht, ein fertiges, skalierbares Produkt zu entwickeln, sondern ein Projektumfeld zu schaffen, in dem Studierende während der Entwicklung wertvolle Erfahrungen für ihre berufliche Laufbahn sammeln können, sagt Maurice.

Dazu gehört, dass auch mal etwas nicht funktioniert. So wurden zum Beispiel alle Computerbildschirme schwarz, als sie den Elektromotor der e-Sling zum ersten Mal starteten. Dies aufgrund der starken elektromagnetischen Interferenzen. «Wichtig ist, dass das Team zusammenarbeitet und ein gutes Klima herrscht, dann kommen die Projekte voran», so Maurice.

Markus Metzler, Maurice Kaulich und Leandro Catarci (von links) treiben die nachhaltige Luftfahrt voran.

Jedes Jahr bewerben sich zahlreiche ETH-Studierende für einen begehrten Platz im Fokusprojekt CELLSIUS.

Durch die Teilnahme am Projekt erwerben die Studierenden Kompetenzen im Umgang mit alternativen Antriebsmethoden für die Luftfahrt.

Während eines Jahres können die Studierenden konzentriert an einem Projekt arbeiten und ihr theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen.

Der Aufbau einer Wasserstoff-Testinfrastruktur war anspruchsvoll. Zahlreiche Sicherheitsstandards mussten eingehalten werden, bevor es gelang mit Wasserstoff über ein Brennstoffzellensystem Strom zu produzieren.

Praktische Erfahrung öffnet Chancen für die Karriere

Markus war der erste Teamleader im Projekt «Cellsius Project H2». Er half mit beim Aufbau einer komplexen Testinfrastruktur für die selbst entwickelten Wasserstoffantriebsstränge, die den höchsten Sicherheitsstandards entsprechen musste. «Mein persönliches Highlight war, als es uns im Sommer gelang, das erste Mal mit Wasserstoff Strom zu erzeugen. In unserem Testcontainer liessen wir Wasserstoff in eine Brennstoffzelle fliessen und beobachteten gleichzeitig vom Controllcontainer aus, wie sich langsam eine Spannung aufbaute und der Strom zu fliessen begann», erzählt Markus. Viel sei es nicht gewesen, gerade mal 500 Watt. Aber es sei das erste Lebenszeichen ihres Brennstoffzellensystems gewesen, an dem sie bereits 9 Monate gearbeitet hatten. «In der Theorie weiss man: Wasserstoff und Sauerstoff reagieren zu Wasser und Strom. Aber es selbst zu erleben, ist schon etwas ganz Besonderes», so Markus.

Leandro ist der aktuelle Teamleader des Projekts «Cellsius Project H2». Wenn alles gut geht, wird das wasserstoffbetriebene Flugzeug am Ende seiner Amtszeit in die Luft abheben. Auf dieses Ziel arbeiten er und sein Team Tag und Nacht hin. Gerade kürzlich hätten sie wieder einmal bis 6 Uhr in der Früh durchgearbeitet, berichtet Leandro. Die Teilnahme an einem Fokusprojekt steht allen Studierenden offen. Sie müssen sich dafür bewerben und wenn sie überzeugen, werden sie ausgewählt. Das Interesse sei gross, sagt Maurice.

«An einem Fokusprojekt teilzunehmen, ist zwar deutlich anstrengender als in der Vorlesung zu sitzen, aber wer hat schon die Möglichkeit, an einem Flugzeug herumzuschrauben und damit die Zukunft der Luftfahrt mitzugestalten?»

Leandro Catarci, Teamleader 2023/2024

Die technischen Berufe sind sinnstiftend

Leandro hat es geschafft. Für ihn war immer klar, dass er bei CELLSIUS mitwirken will: «Die praktische Erfahrung und die Kontakte in die Industrie sind unbezahlbar. Zudem motiviert es mich, nachhaltige Lösungen zu entwickeln, die unsere Gesellschaft weiterbringen», sagt Leandro. Dieser Gedanke sei auch ausschlaggebend gewesen für seine Studiumwahl. «Ich habe mir für mein Leben das Ziel gesetzt, dass ich etwas machen will, das Sinn macht», sagt Leandro. Als Maschinenbauingenieur hat er dazu die besten Voraussetzungen.

Das Projekt

Die Luftfahrtindustrie ist heute in hohem Masse auf fossile Brennstoffe angewiesen. Infolgedessen ist der weltweite Luftverkehr für einen beträchtlichen und schnell wachsenden Anteil an den globalen CO2-Emissionen verantwortlich. Mit dem Projekt «Cellsius Project H2» wollen Studierende der ETH Zürich Teil der Lösung sein und eine Plattform für die weitere Forschung im Bereich der nachhaltigen Luftfahrt bieten.

Das Projekt «Cellsius Project H2» wurde nach dem Erfolg des Vorgängerprojekts «e-Sling» ins Leben gerufen. e-Sling war das erste vollelektrische Flugzeug seiner Art, das im Sommer 2022 zugelassen und zum ersten Mal geflogen wurde.

Seit Herbst 2021 entwickeln die Studierenden ein Wasserstoff-Brennstoffzellensystem, für den Bau eines wasserstoffelektrischen Flugzeugs. Die Energiedichte von Wasserstoff ist wesentlich höher als diejenige der im e-Sling verwendeten Batterien. Des Weiteren ermöglicht ein Wasserstoffantrieb eine grössere Reichweite und kürzere Betankungszeiten als bei einem rein elektrischen Flugzeug.

Weitere Informationen: https://cellsius.aero/

War dieser Artikel lesenswert?

Diese Artikel könnten Sie interessieren

Letzte Aktualisierung: 18.03.2024