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Mehrere Leben für Kunststoffe

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Die FH Ost und die Industrie setzen sich gemeinsam für die Kreislaufwirtschaft ein. An der Ostschweizer Innovationstagung standen Anfang Mai die Möglichkeiten im Bereich der Skischuhproduktion im Fokus. Zusätzlich wurden Wege hin zu einer «Post Carbon» Welt diskutiert.

Kunststoffe bieten Potenzial, denn sie sind leicht und langlebig. Richtig konzipiert und genutzt, verfügen sie in vielen Anwendungsbereichen über eine bessere Ökobilanz als andere Materialien wie beispielsweise Metalle. Wichtig sind dabei neue Herangehensweisen: «Das lineare Wirtschaftsdenken – herstellen, verwenden, wegwerfen – hat ausgedient. Wir müssen neue Lösungen finden für den Skischuh von Morgen», erklärte Hans-Martin Heierling von der gleichnamigen Skischuhmanufaktur aus Davos an der Innovationstagung der FH Ost vom 4. Mai 2022.

Der Davoser Skischuhhersteller Heierling und der Flawiler Hygieneartikelproduzent Flawa Consumer wollen gemeinsam einen nachhaltigen Skischuh herstellen. Beim Ostschweizer Innovationstag diskutierten dreissig Expertinnen und Experten aus allen möglichen Fachrichtungen in einem dreistündigen Workshop, wie es gelingt kann, einen Skischuh kreislauffähig herzustellen. Eine Erkenntnis war, dass beim Skischuh Teile der harten Schuhschale durch einen recyclefähigen Kunststoff ersetzt werden könnten, der durch Fasermaterialien wie Jute oder Hanf verstärkt wird.  

Auch Flawa-CEO Claude Rieser betont die Wichtigkeit des Kreislaufdenkens: «Schon heute ist das Thema Nachhaltigkeit ein wichtiger Bestandteil, von Flawa. In Zukunft möchten wir nur noch Produkte produzieren, die nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip im Sinne der Kreislaufwirtschaft produziert und sorglos entsorgt werden können.» Die Wattepads seien bereits kreislauffähig, der neue Typ der medizinischen Gesichtsmaske habe ein kompostierbares, transparentes Gesichtsfeld, nun sei man bei Flawa intensiv auf der Suche nach neuen Lösungen für die «vegane Leder-Schuhsohle».

Preisgekrönte Innovationen

Bei der Aufarbeitung der von Kunststoffmaterialien kann die FH Ost auf breites Wissen zurückgreifen. Im Rahmen eines Projekts mit der ARGO-Werkstätte in Davos wurden beispielsweise alte Skischuhe gesammelt und zerlegt. Den Forschern gelang es, nach einer chemischen Analyse und farblichen Sortierung der Kunststoffe diese zu schreddern, wieder zu schmelzen und zu neuen Filamenten zu extrudieren. Entstanden ist das Produkt CREAMELT® TPU-R. Mit diesem können flexible Objekte aus Recyclingmaterial gedruckt werden. Anstatt Skischuhe zu verbrennen besteht dank der Forschung des Instituts für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung also eine nachhaltige Alternative für die Produktion von Neuware. Das neue Produkt wurde unter anderem mit dem German Innovation Award ausgezeichnet.

Mehr Klimaschutz nötig

An der Abendveranstaltung des Ostschweizer Innovationstags zum Thema «Post Carbon» äusserten sich vier Referenten zu Entwicklungen und Handlungsfeldern auf dem Weg zu Netto-Null. Einig war man sich, dass der sechste Weltklimabericht klar aufzeigt, dass wir aktuell markant unter dem Absenkpfad für die Erreichung der vereinbarten Ziele liegen.

Henrik Nordborg, Studiengangleiter Erneuerbare Energien und Umwelttechnik der FH Ost, plädierte dafür, die globalen Marktmechanismen zu nutzen, um das starke Verringern von CO2-Ausstoss attraktiv zu machen. Ganz ohne die Politik liesse sich das aber nicht umsetzen, denn nur die Politik könne Schlupflöcher vermeiden. «Wenn nur die EU ihren Ölverbrauch reduzieren würde, sinkt der Preis. In der Folge würden die Staaten profitieren, die Öl weiter verbrennen. Das muss verhindert werden und dafür braucht es einen verbindlichen, globalen CO2-Preis», so Nordborg.

Marcel Hänggi vom Verein Klimaschutz Schweiz unterstützte ebenfalls marktwirtschaftliche Lösungen. «Der Markt ist ein Instrument zur Verwaltung von Knappheiten» und solange keine Knappheit herrsche, etwa an fossilen Brennstoffen oder dem Recht, diese zu verbrennen, gebe es für die Marktteilnehmenden keinen Grund, etwas am aktuellen Verhalten zu ändern.

Klar wurde auch, dass es mehr Kreislaufwirtschaft braucht. Denn sie stellt einen zentralen Ansatz dar, um künftig sorgsamer mit unseren Ressourcen umzugehen.

Weiterführende Links: 
News FH Ost
Institut für Werkstofftechnik und Kunststoffverarbeitung
Studiengänge Technik FH Ost

(Bildquelle: Creamelt)

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Letzte Aktualisierung: 09.05.2022