20230307_INQ_DI_Stage-90.jpg

Digitaler Zwilling: Ein Helfer für mehr Energieeffizienz

Tecindustry Themen Den Energieverbrauch
optimieren mit einem
«Digitalen Zwilling»

Wie viel Energie wird wo in einem Unternehmen verwendet? Digitale Zwillinge - auch Digital Twins genannt - simulieren den Verbrauch und können ihn optimieren. In der Datensimulation liegt viel ökologisches Potenzial.

Digital Twins können ein digitales Abbild ganz unterschiedlicher Dinge sein. So gibt es zum Beispiel digitale Zwillinge von Produkten, von Prozessen oder auch von ganzen Produktionsanlagen. Einen solchen Zwilling hat die Firma Octotronic mit Partnern für die Produktionslandschaft der Firma Dätwyler gebaut.

Dank des digitalen Zwillings kann das Unternehmen nachverfolgen, wo und wie viel Energie verbraucht wird. Der Zwilling hilft, die Produktion zu planen und zu optimieren. Eine Stärke des digitalen Zwillings liegt dabei in seiner Lernfähigkeit. Er kann sich agil an die operativen Gegebenheiten anpassen und laufend weiterentwickelt werden. 

Ein Rundum-Blick auf die Fertigung

Der digitale Zwilling, der bei Dätwyler realisiert worden ist, kann Daten auf unterschiedlichen Ebenen berechnen und ausweisen. So sind Optimierungen in den folgenden Bereichen möglich:

  • Produkt
  • Prozess
  • Anlage
  • Fabrik

Durch diese differenzierten Auswertungsmöglichkeiten kann zum Beispiel eruiert werden, wie die CO2-Bilanz eines einzelnen Produktes aussieht. Oder wo in der Produktion Energie unnötig verloren geht.

Ein digitaler Zwilling schafft also eine maximale Transparenz. Er erreicht dies, indem er neben den unmittelbaren Produktionsdaten alle Daten zum Energieverbrauch (Licht, Wärme, Strom, Kühlung...) entlang der gesamten Wertschöpfungskette sammelt.

Neben den verschiedenen Einsatzbereichen unterscheiden sich digitale Zwillinge auch durch ihre Fähigkeiten. Es können vier Reifegrade unterschieden werden.

1. Der Designzwilling
Er ist meist ein virtueller Prototyp, der zum Einsatz kommt, bevors ans Bauen des realen Prototypen geht. Der Designzwilling hilft, bestimmte technische Risiken oder Unklarheiten schon in einem frühen Stadium zu erkennen.

2. Der Mock-up-Zwilling
Dieser Typ kann Daten aus dem physischen System übernehmen. Die Verbindung besteht allerdings nur in eine Richtung: vom realen System hin zum digitalen Zwilling. Dennoch kann man mit ihm im Sinne von «Was wäre wenn?» gewisse Vorfälle simulieren.

3. Der adaptive digitale Zwilling
Hier fliessen die Daten in beide Richtungen. Das reale System kann also seine Leistung aufgrund der Modelle des digitalen Zwillings optimieren. Auf diesem Level hilft der digitale Zwilling, den realen Betrieb in Echtzeit zu steuern und zu optimieren und weist auf Wartungen hin. Er kann zudem selbst aus den Vorgängen lernen.

4. Der intelligente digitale Zwilling
Im Reifegrad 4 kann der digitale Zwilling auch aus komplexen und unübersichtlichen Vorgängen lernen. Er verfügt über eine hohe Autonomie und besitzt die Fähigkeit, mehrere digitale Zwillinge der Stufe 3 zu steuern. Der intelligente digitale Zwilling kann so eine ganze Produktion analysieren und optimieren.

Die unterschiedlichen Reifegrade werden von der Fachhochschule Nordwestschweiz FHNW unter Leitung von Prof. Markus Krack erforscht. Die Umsetzung in die Praxis und die unternehmensspezifischen Anpassungen auf die Bedürfnisse der Firma Dätwyler erfolgten in Zusammenarbeit mit Octotronic.

Die Silos aufbrechen

Wie sieht der Datenfluss aus, damit ein Digital Twin funktioniert? Um letztlich eine ganzheitliche Sicht zu erreichen, werden die Daten zuerst aus unterschiedlichen Quellen in einem Data Lake gesammelt. Danach können sie kombiniert, in unterschiedliche Zusammenhänge gebracht und visualisiert werden. Machine-Learning-Technologien sorgen ergänzend dafür, dass Muster erkannt und entsprechende Verbesserungen abgeleitet werden können.

Ein weiterer Vorteil von Digital Twins liegt in ihrer Fähigkeit, Modelle zu ergänzen: Wo Datenlücken bestehen, können Algorithmen mit Hochrechnungen Annäherungen treffen, so dass ein möglichst umfassendes Bild entsteht.  Dies hilft bei Entscheidungen auf unterschiedlichen Ebenen: Im Betrieb können Operateure via Alert-Meldungen auf kritische Punkte hingewiesen werden, für die Produktionsplanung geben Dashboards Auskunft zu ineffizienten Energieflüssen und für mittel- bis langfristige Investitions-Entscheidungen liefern Simulationen dem Management wichtige Grundlagen.

Grosses Potenzial für mehr Energieefffizienz

Digitale Zwillinge sind aktuell in der Produktion noch nicht weit verbreitet. Sie bergen jedoch grosses ökologisches Potenzial. Gemäss einer Studie des Fraunhofer Instituts erkennen 92% der befragten Unternehmen in der Ressourcenoptimierung einen primären Nutzen. Digitale Zwillinge können laut den Rückmeldungen der Unternehmen beim Materialverbrauch, bei der Energie und beim CO2-Ausstoss ein wichtiges Tool für Einsparungen werden.

Die Entwicklung hin zu mehr Effizienz geht also weiter. Laut Studie des Fraunhofer Instituts sind die europäischen Industrieunternehmen bereit für die Entwicklung digitaler Zwillinge. Die Forscher prognostizieren, dass Digitale Zwillinge in den nächsten 20 Jahren im grossflächigen Einsatz sein werden.

Weiterführende Informationen: 

 

War dieser Artikel lesenswert?

Letzte Aktualisierung: 04.04.2023