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«Es hat Mut gekostet, dranzubleiben und nicht einfach einen Job anzunehmen, den mir andere zugetraut haben»

Der Weg über das musische Gymnasium und die Fachhochschule anstelle der ETH war für Janine Zbinden eine grössere Herausforderung als erwartet. Doch es hat sich gelohnt. Heute hat die Entwicklungsingenieurin einen Job, bei dem sie ihre Interessen und Fähigkeiten dort einbringen kann, wo es richtig spannend wird: beim Finden von Lösungen für anspruchsvolle technische Fragestellungen.

Was war der Auslöser für Ihren technischen Berufsweg? 

Janine Zbinden: Nach einem halben Jahr Studium der Ur- und Frühgeschichte an der Universität Zürich merkte ich, dass mein Berufswunsch Archäologin wohl eher ein Kindheitstraum war und nicht meiner wirklichen Leidenschaft entsprach. Nach einem guten halben Jahr entschied ich mich für ein Ingenieurstudium an der Fachhochschule. Mich faszinierte der Gedanke, in der Zukunft Dinge zu entwickeln, die dann physisch existieren. 

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?  

Am meisten Spass machen mir Aufgaben, die kreativ und technisch anspruchsvoll sind. Das gilt zum Beispiel für die Konzeptphase in einem Projekt. Dort geht es darum, Lösungsideen für eine technische Fragestellung zu generieren. Dazu mache ich mit dem Projektteam ein Brainstorming, zeichne einen morphologischen Kasten und diskutiere mögliche Lösungsansätze. Diese werden dann zu Konzepten ausgearbeitet und erste Funktionsmuster hergestellt. Spannend wird es auch, wenn etwas nicht funktioniert, zum Beispiel eine Kontaktfeder in einem Sicherungshalter. Dann gilt es herauszufinden, woran es liegt, was der entscheidende Faktor ist. Ist es das Design, der Herstellungsprozess oder passt die Anwendung beim Kunden so nicht? An solchen Fällen habe ich viel gelernt und konnte das Wissen dann in Neuentwicklungen einbringen. 

 

Welche Herausforderungen unserer Zeit kann man in Ihrer Arbeit angehen? 

Eine konkrete Herausforderung unserer Zeit, die man angehen kann, ist z.B. die Reduzierung des ökologischen Fussabdrucks durch den Einsatz nachwachsender Rohstoffe, durch recyclinggerechtes Design oder durch den Verzicht auf umweltschädliche Rohstoffe. 

Gab es entscheidende Momente oder Menschen, welche Ihre Karriere beeinflusst haben? 

Wahrscheinlich gibt es mehr als einen Faktor, der die berufliche Laufbahn beeinflusst. Wenn ich jedoch auf meinen Werdegang zurückblicke, war ein Studentenjob bei der Firma Stadler Rail AG ausschlaggebend für meinen Berufseinstieg als Entwicklungsingenieur. In diesem Praktikum, das ich vor meinem Studium an der FH absolviert habe, musste ich eigentlich nur Zeichnungen auszudrucken und in der Firma zu verteilen. Trotzdem hat mir der Kontakt zum damaligen Abteilungsleiter meine erste Stelle in der Entwicklung ermöglicht, als ich nach dem Studium auf der Suche war.  

Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, dorthin zu gehen, wo mir die technischen Fragestellungen entsprechen, meine Fähigkeiten und meine Persönlichkeit geschätzt werden und ich Neues kennenlernen durfte.

Janine Zbinden, Entwicklungsingenieurin Schurter AG

Gab es Stolpersteine? 

Ja, der Einstieg in die Entwicklung war schwierig. Mein Werdegang über das musische Gymnasium, dann der Entscheid, an der FH und nicht an der ETH zu studieren, und wahrscheinlich auch die Tatsache, dass ich eine Frau bin, haben den Einstieg erschwert. Es hat Mut gekostet, dabei zu bleiben und nicht einfach einen Job anzunehmen, den mir andere zugetraut haben, wie zum Beispiel die Arbeit in der technischen Dokumentation. Nicht, dass dies kein guter Job gewesen wäre, aber ich wollte das nicht. 

Was raten Sie Frauen in technischen Berufen?

Ich habe gute Erfahrungen damit gemacht, dorthin zu gehen, wo die technischen Fragestellungen zu mir passen, wo meine Fähigkeiten und meine Persönlichkeit geschätzt werden und wo ich Neues lernen kann. Ich denke, dass es in der Welt der Technik wirklich viel Spannendes zu entdecken und zu erforschen gibt. 

 

Berufliche Stationen

  • Bachelor of Engineering (Maschinenbau) an der ZHAW School of Engineering, CAS Industriedesign an der Hochschule Luzern 

  • Entwicklungsingenieurin Freudenberg Schwab Control GmbH 

  • heute: Entwicklungsingenieurin bei der SCHURTER AG 

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Letzte Aktualisierung: 02.05.2023